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Gerichtlicher Rechtsschutz im Rahmen der grenzüberschreitenden Strafverfolgung

Herr Prof. Dr. Böse führte von September 2017 bis Januar 2021 ein von der DFG gefördertes Projekt zum Thema"Gerichtlicher Rechtsschutz im Rahmen der grenzüberschreitenden Strafverfolgung"durch.

Zusammenfassung:

Der gerichtliche Rechtsschutz im Rahmen der grenzüberschreitenden Strafverfolgung weist eine Reihe von Defiziten auf. Diese Rechtsschutzlücken beruhen einerseits darauf, dass die einschlägigen Regelungen (zum Teil) auf Rechtsbehelfe im innerstaatlichen Strafverfahren verweisen und damit der zwischenstaatlichen (transnationalen) Dimension nicht hinreichend Rechnung tragen; dies gilt auch und gerade für die Entscheidung, ein Ersuchen nicht zu stellen bzw. abzulehnen. Andererseits wird die gerichtliche Prüfungskompetenz aus Rücksicht auf die Souveränität des jeweils anderen Staates zurückgenommen und damit zugleich der Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung zwischen ersuchendem und ersuchtem Staat (bzw. in der Union zwischen Ausstellungs- und Vollstreckungsstaat) Rechnung getragen. Aus der gemeinsamen Verantwortung dieser beiden Staaten für einen effektiven Schutz der Grund- und Verfahrensrechte ergibt sich indes einerseits eine Verpflichtung des ersuchenden Staates, in Bezug auf den mit dem Ersuchen begehrten Grundrechtseingriff effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, wie insbesondere die neuere Rechtsprechung des EuGH zum Europäischen Haftbefehl zeigt. Andererseits ist die Aufgaben- und Zuständigkeitsverteilung zwischen den beteiligten Staaten nicht im Sinne einer wechselseitig ausschließlichen gerichtlichen Prüfungsbefugnis zu verstehen, sondern aus der gemeinsamen Verantwortung beider Staaten ergibt sich insoweit eine Residualkompetenz zur Gewährung von Rechtsschutz auch hinsichtlich der Fragen, die in die primäre Zuständigkeit des jeweils anderen Staates fallen. Für die Ausgestaltung des gerichtlichen Rechtsschutzes in Deutschland lassen sich aus diesem Befund folgende Empfehlungen ableiten: Der Rechtsschutz ist im Rechtshilfeverfahren eigenständig auszugestalten; die Regelungen können sich dabei im Ausgangspunkt am innerstaatlichen Strafverfahren orientieren, indem sie z.B. eine Zuständigkeit der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorsehen, sollten aber den oben genannten Aspekten durch ein eigenständiges Rechtsschutzregime innerhalb des IRG Rechnung tragen. Dieses Regime sollte sowohl den Rechtshilfeverkehr innerhalb der Europäischen Union als auch die Zusammenarbeit mit Drittstaaten und alle Bereiche der Zusammenarbeit (Auslieferung, Vollstreckungshilfe, sonstige Rechtshilfe) umfassen, und Rechtsschutz sollte nicht nur gegen die Bewilligung und Ausführung ausländischer Ersuchen, sondern auch gegen ausgehende Ersuchen und ablehnende Entscheidungen gewährt werden, soweit die jeweilige Entscheidung subjektive Rechte berührt. Als flankierende Maßnahmen sollten weitere Schritte zur Stärkung der Verfahrensrechte im Rechtshilfeverfahren unternommen werden (Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen, Akteneinsicht und auf einen Beistand im Rechtshilfeverfahren), um auf diese Weise zu kompensieren, dass der Betroffene zum Teil auf den gerichtlichen Rechtsschutz durch ausländische Gerichte verwiesen wird.

Projektbezogene Publikationen:

  • The European arrest warrant and the independence of public prosecutors: OG & PI, PF, JR &YC, Common Market Law Review, Vol. 57 (2020), 1259-1282
  • Böse, Martin/ Bröcker, Maria/ Schneider, Anne (Hrsg.), Judicial Protection in Transnational Criminal Proceedings, Legal Studies in International, European and Comparative Criminal Law 5, Springer, Heidelberg 2020 – 441 Seiten
  • Böse, Martin/ Bröcker, Maria/ Schneider, Anne, Rechtschutz in der internationalen Rechtshilfe in Strafsachen – Defizite und Reformbedarf, JuristenZeitung 2021, S. 81 – 87

Projektlaufzeit: 2017 bis 2021

Mitarbeiter:

Frau Maria Bröcker

Frau Dr. Anne Schneider, LL.M. (Lehrstuhl-Seite der Universität Mannheim, Prof. Schneider)