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Kleine Geschichte des Instituts

Das Steuerrecht hat an der Universität Bonn eine lange Tradition. Bereits 1922 habilitierte sich Albert Hensel (1895 – 1933) mit einer steuerrechtlichen Untersuchung an der hiesigen juristischen Fakultät und lehrte anschließend als außerordentlicher Professor in Bonn. 1924 legte er hier den ersten systematischen Grundriss zum deutschen Steuerrecht vor und wurde damit zu einem bedeutenden Wegbereiter der modernen Steuerrechtswissenschaft. Nach seinem Wechsel an die Universität Königsberg 1929 boten der spätere Bundesverfassungsrichter Ernst Friesenhahn (1901 – 1984) und der Bonner Notar Alexander Knur (1897 – 1987) steuerrechtliche Lehrveranstaltungen in Bonn an.

Anfang der 50er Jahre wurde an der Universität Bonn ein eigener Lehrstuhl für Steuerrecht in Verbindung mit dem Zivilrecht eingerichtet, auf den 1954 Werner Flume (1908 – 2009) berufen wurde. Er gründete 1954 zugleich das Institut für Steuerrecht der Universität Bonn und übernahm später – nach Ablehnung eines Heidelberger Rufs – bis zu seiner Emeritierung 1976 auch die Leitung des von ihm gegründeten Instituts für Römisches Recht. Flume leistete in der Tradition der geschichtlichen Rechtswissenschaft wegweisende Beiträge zum Römischen Recht, Zivil- und Gesellschaftsrecht. Sein 1965 in erster Auflage erschienenes Lehrbuch zum Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Rechts („Das Rechtsgeschäft“) zählt zu den Klassikern der juristischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Im Steuerrecht widmete sich Flume vor allem den Bezügen des Steuerrechts zur „allgemeinen Rechtsordnung“ sowie den Verbindungen zum Unternehmens- und Bilanzrecht.

Diese Tradition setzte seine Schülerin und Nachfolgerin auf dem Lehrstuhl für Steuerrecht Brigitte Knobbe-Keuk (1940 – 1995) fort. Sie wurde damit zu einer der herausragenden und prägenden Persönlichkeiten des deutschen Steuerrechts. Ihr seit 1977 in neun Auflagen erschienenes Lehrbuch zum „Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht“ gilt bis heute als Standardwerk. 1986 gründete sie die Schriftenreihe „Rechtsordnung und Steuerwesen“, in der seitdem über 50 steuerrechtliche Abhandlungen erschienen sind. Zuletzt widmete sich Knobbe-Keuk vor allem den zunehmenden Einflüssen des europäischen Gemeinschaftsrechts auf das nationale Steuer- und Gesellschaftsrecht. Überdies war sie Mitbegründerin des Bonner Zentrums für Europäisches Wirtschaftsrecht.

Nach ihrem frühen Tod 1995 wurde 1996 Wolfgang Schön (*1961) auf den Bonner Steuerrechtslehrstuhl berufen. Er hatte sich 1992 bei Knobbe-Keuk an der Bonner Fakultät habilitiert und führte die zivil- und gesellschaftsrechtliche Ausrichtung des Lehrstuhls fort. Zugleich legte er jedoch einen deutlichen Schwerpunkt auf das Europäische Steuer-, Bilanz- und Gesellschaftsrecht. Schön nahm 2002 einen Ruf an das Max-Planck-Institut für Steuerrecht und Öffentliche Finanzen in München an. Seit Anfang 2005 steht Rainer Hüttemann (* 1963) dem Institut vor.

Viele Jahre wurde die steuerrechtliche Lehre und Forschung in Bonn aus der „Fachsäule“ des Öffentlichen Rechts unterstützt. So hat der Staatsrechtler Josef Isensee (*1937) nach seiner Berufung nach Bonn im Jahr 1975 steuerrechtliche Lehrveranstaltungen und Seminare zum allgemeinen Steuerrecht und Einkommensteuerrecht abgehalten und grundlegende Beiträge insbesondere zum Steuerverfahrensrecht geleistet. Von 2003 bis 2012 beteiligte sich der Direktor des Kirchenrechtlichen Instituts Christian Waldhoff (*1965) regelmäßig am Lehrangebot des steuerrechtlichen Schwerpunktbereichs und forschte zu Fragen des internationalen Steuer- und Finanzverfassungsrechts.

Schon früh ist in Bonn die besondere Bedeutung der Rechtspraxis für eine erfolgreiche Lehre im Steuerrecht erkannt worden. 1973 erhielt der damalige Oberregierungsrat und spätere Vorsitzende Richter am Bundesfinanzhof Franz Wassermeyer (*1940) einen ersten Lehrauftrag. Wassermeyer, der vor allem durch Beiträge zum Körperschaftsteuerrecht und grundlegende Kommentierungen zum Außensteuerrecht und dem Recht der Doppelbesteuerungsabkommen hervorgetreten ist, wurde 1984 zum Honorarprofessor für Steuerrecht ernannt. Heute wirken der Richter am Bundesfinanzhof Andreas Herlinghaus (*1965) sowie der Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht Stephan Schauhoff (*1961) als Honorarprofessoren an der steuerrechtlichen Lehre im Schwerpunktbereich mit.  

Weiterführende Literaturhinweise: Zu Leben und Werk von Albert Hensel vgl. E. Reimer/C. Waldhoff, Albert Hensel – System des Familiensteuerrechts und andere Schriften, Köln 2000, S. 1 ff.; zu Werner Flume und Brigitte Knobbe-Keuk siehe H.H. Jakobs, Gedenkreden auf F. A. Mann, B. Knobbe-Keuk und W. Flume, Göttingen 2011, S. 33 ff. und 75 ff.; zur Geschichte des Bonner Steuerrechts vgl. näher C. Waldhoff/R. Hüttemann (Hrsg.), Steuerrecht an der Universität Bonn, Berlin 2008, S. 1 ff.