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Die Kaiser und das Recht. Einheit und Vielfalt der europäischen Rechtswissenschaft.

Dieser bewusst weit gefasste Titel lädt dazu ein, die Verbindung zwischen der Person des Kaisers und dem Recht zu hinterfragen, indem die verschiedenen Facetten seiner direkten oder indirekten Eingriffe in das Rechtsfeld untersucht werden. Die Überlegungen konzentrieren sich also weniger auf die Reiche als politische Einheiten als vielmehr auf ihre Herrscher, und zwar durch den Einfluss, den sie auf das Recht ausübten, sei es bei der Schaffung, der Umsetzung oder dem Fortbestand des Rechts.

Die europäische Geschichte veranschaulicht die Vielfalt der Profile des imperialen Gesetzgebers, die nicht nur weltliche Fürsten, sondern auch religiöse Autoritäten einschließt, insbesondere die Päpste, deren Rolle bei der Schaffung des europäischen Rechts im Mittelalter entscheidend war. Allen gemeinsam ist der Anspruch auf Universalität, wobei die Völker um ein vereinendes Projekt versammelt werden, das in ihrem Herrscher verkörpert wird. Eine Betrachtung der großen europäischen Kaiserfiguren von Augustus über Karl den Großen, Innozenz III., Karl V., Katharina II. bis hin zu Napoleon könnte die Gemeinsamkeiten ihrer jeweiligen Ansätze, aber auch ihre Besonderheiten aufzeigen. Punktuell könnte die Erweiterung des geografischen Horizonts auf andere Regionen, insbesondere den Orient oder sogar den Fernen Osten, diese Untersuchung sehr bereichern, indem sie Gegenmodelle oder im Gegenteil Analogien zu den europäischen Erfahrungen liefert. 

Das Werk der Kaiser ist untrennbar mit dem verfassungsrechtlichen Kontext verbunden, in dem es sich entwickelt. In dieser Hinsicht hat die Zirkulation von Rechtsmodellen zwischen den verschiedenen europäischen Hauptstädten die gesetzgeberischen Entscheidungen beeinflusst, wie insbesondere die französischen und deutschen Arbeiten zu diesem Thema zeigen. Aber auch das Gewicht des kulturellen, insbesondere des religiösen Umfelds darf nicht vernachlässigt werden. Ein Kaiser, der einer theologischen Wahrheit unterworfen war, hatte zweifellos einen geringeren Spielraum für die Umsetzung seiner persönlichen Initiativen, während er in einem säkularisierten oder laizistischen Umfeld von diesen Zwängen entbunden war. Justinian, Karl der Große oder Napoleon unterscheiden sich in dieser Hinsicht erheblich. Die imperiale Prägung zeigt sich auch in der Verwaltungs- und Gerichtsorganisation, z. B. in der territorialen Gliederung oder in der Struktur der Gerichte und ihrer internen Anordnung.

Die Kodifizierung ist natürlich ein weiterer wesentlicher Bestandteil, sowohl in ihrer pädagogischen Dimension, die darauf abzielt, die Norm dem Einzelnen näher zu bringen, als auch in ihrer politischen Motivation. Wollte Justinian, als er tausend Jahre römisches Recht kompilieren ließ, eine konservative Erinnerungsarbeit leisten oder einer bemerkenswerten Rechtserfahrung seinen Stempel aufdrücken? Die gleiche Frage stellt sich bei Napoleon, dessen Beteiligung an den Arbeiten zur Erstellung des Code civil einer sowohl persönlichen als auch politischen Agenda entsprach. Die Verwendung des normativen Erbes selbst unterscheidet sich je nach den Zielen des Kaisers: Karl der Große verband religiöse Erwägungen mit imperialen Absichten, als er das antike Gesetzeswerk teilweise übernahm, während die napoleonischen Juristen eher auf eine Transaktion abzielten. Selbst die Päpste verbreiteten im Mittelalter die Wahrheit des christlichen Glaubens durch ihre Dekretalen.

Zwar handelt kein Kaiser außerhalb eines ideologischen Rahmens, doch muss er seine persönlichen Bestrebungen ständig an die Gegebenheiten vor Ort anpassen, indem er beispielsweise neben der kaiserlichen Norm die lokalen Rechte aufrechterhält. Dieses Subsidiaritätsprinzip, das von den antiken orientalischen Monarchien angewandt und in Europa durch das Kirchenrecht gefördert wurde, ermöglicht es, politische Einheit und rechtliche Vielfalt miteinander zu vereinbaren, und zeigt eine pragmatische Facette der kaiserlichen Macht, die mehr um Effizienz und öffentlichen Frieden als um Autoritarismus bemüht war.

Ein letzter Forschungsschwerpunkt könnte sich auf die Rolle der großen imperialen Figuren bei der Gestaltung der historischen Diskurse und der nationalen Mythologien rund um das Recht beziehen. Die Rolle des Umfelds des Prinzen, seien es Biografen, Theologen oder Juristen, ist entscheidend für die Herstellung seines Bildes in den Augen der Zeitgenossen, aber auch für die Nachwelt. Indem sie eine Figur formen, die das Recht verkörpert, tragen sie zur Idealisierung des Amtes bei und erhalten eine Form von Ewigkeit im Gedächtnis.